Von Werner Deubel
Dezember 1944. Die Schrecken des Krieges wurden immer schlimmer. Feindliche Flieger bedrohten mit Bomben und Bordwaffen Tag und Nacht das Dorf und seine Bewohner aus der Luft. Die Front rückte von Hagenau her immer näher. Schweighofen lag zwischen der Maginotlinie und dem damaligen Westwall, was eine besondere Gefahr bedeutete. Die Bewohner befürchteten, dass es noch zu erbitterten Kämpfen vor dem Westwall kommen wird. Wenn die Amerikaner mit ihrer Übermacht hier aufgehalten werden könnten, dann bleibt kein Stein auf dem anderen. In Ihrer Not beschlossen die Schweighofener mit Ihrem Pfarrer Eugen Weinspach im Saale des damaligen Gasthauses Mannsmann, der als Behelfskirche eingerichtet war, die Muttergottes um ihren Schutz zu bitten:
Falls das Dorf von weiteren Schäden verschont bleibt, dann soll der 8. Dezember, das Hochfest der unbefleckten Empfängnis der Gottesmutter Maria, als Feiertag gehalten werden.
Mitte Dezember 1944 musste auf militärischen Befehl das Dorf dann schnellstens geräumt werden. Die Bewohner verließen aus Furcht vor den feindlichen Fliegern am Tag noch in der gleichen Nacht ihre Heimat.
Der Krieg ging über Schweighofen hinweg, während die umliegenden Dörfer Kapsweyer, Steinfeld, Niederotterbach, Schweigen-Rechtenbach, Altenstadt und Weißenburg noch großen Kriegsschaden erlitten. In Schweighofen waren lediglich die Scheunen von Martin Biehn, Edmund Eichenlaub (jetzt Bechtel), Jakob Friedmann (jetzt Peregowitz) und die Schulscheune durch den Übermut der Besatzer abgebrannt. Niemand kam ums Leben, obwohl doch sehr viele Minen und Blindgänger im Feld herumlagen. Viele Orte hatten Tote zu beklagen. Und so hatten die Schweighofener einen Grund auch wirklich dankbar zu sein und ihr Gelübde zu halten.
Viele Schweighofener hatten dennoch keine Häuser mehr, als sie nach dem Krieg zurückkehrten. Es muss doch einmal festgehalten werden, dass der Grund dafür nicht eine Zerstörung durch den Feind, sonder ein ganz anderer war.
1939 musste bei Kriegsbeginn das Dorf zum ersten Mal geräumt werden. Schweighofener, die im Frankenland evakuiert waren, konnten in der dortigen Zeitung ein Bild der zerstörten Schweighofener Kirche mit der Anmerkung: „Eine von der französischen Artillerie zerstörte Kirche eines Grenzdorfes“, sehen.
Was war wirklich geschehen?
In Oberotterbach gingen Minen hoch. Weil niemand wusste, wie ein Krieg beginnt, machte sich daraufhin Nervosität breit. Die deutschen Soldaten in Schweighofen befürchteten, dass der Kirchturm Richtpunkt für die französische Artillerie sein könnte. Sie sprengten den Turm so unglücklich, dass dieser über das Kirchenschiff fiel und den größten Teil der Gewölbe mit herunter riss und auch die umliegenden Häuser leicht beschädigte. Später wurden die Häuser von Xaver Dietz, Oskar Fischer (jetzt Emil Fischer), Eduard Fischer (jetzt Riether), und Hermann Holler (jetzt Rudi Hirsch) von der französischen Artillerie zusammen geschossen. Die Scheune von Josef Paul brannte ab und eine Granate hatte das Dach von Otto Holler beschädigt, was bei einem neuen Haus wie diesem leicht zu beheben gewesen wäre.
Die wirklichen Schäden im Dorf richtete der Größenwahn der damaligen Machthaber an. Es sollten nämlich Musterdörfer entstehen, die die besiegten Feinde dann zu bezahlen hätten („Churchill zahlt alles“). So wurden 1940 durch den so genannten Wiederaufbau 43 Häuser abgerissen. Wenn also heute von großen Kriegsschäden im Ort gesprochen wird, so muss man festhalten, dass diese Zerstörungen zu Beginn des Krieges – somit bereits vor dem 8. Dezember 1944 – stattfanden. Mit dem Geld, welches das Abreißen der 43 Häuser sowie das Entfernen der Steine von den zerstörten Anwesen von Oskar Fischer, Xaver Dietz und Eduard Fischer – wo ein Adolf Hitler Platz geschaffen werden sollte – kostete, hätte vieles wieder hergerichtet werden können.
Die Tradition dieses Gelöbnistages
Sie wird auch heute noch fortgesetzt. Jedes Jahr am 8. Dezember trifft sich die Pfarrgemeinde zum Dankgottesdienst in der Kirche und anschließend zum gemütlichen Beisammensein in der Kulturhalle.
So lange es in Schweighofen noch eine Schule gab, fand der Festgottesdienst zur Erinnerung an das Versprechen vom 8. Dezember 1944 wie an Sonntagen morgens und der „weltliche Teil“ des Feiertages am Abend in der Wirtschaft Holler statt. Als die Schule dann nach Steinfeld und Bad Bergzabern verlegt wurde, wurde der Festakt gänzlich auf den Abend verlegt, damit dem Pfarrer Messdiener zur Verfügung stehen und auch die Kinder teilnehmen können.
Dabei gestalten Kirchenchor, kfd, die Musikgruppe von Frau Holler und die Messdienerinnen und Messdiener den Gästen und feiernden einen wunderschönen bunten Abend. Umrahmt von der Musikgruppe von Frau Holler und den Gesängen des Kirchenchors, leitet die kfd mit ihrem Tanz den Abend ein. Die Messdiener tragen durch ihre Theaterstücke, die der Adventszeit gemäß meistens mit Weihnachten zu tun haben, zu einem humorvollen Abend bei.
Um diesen Abend zu ermöglichen, helfen viele fleißige Hände mit; angefangen bei den Mitgliedern der Räte, über die ganzen Mitglieder unserer kirchlichen und auch weltlichen Vereine. Kurz: Das ganze Dorf nimmt nach wie vor den 8. Dezember und das damit verbundene Versprechen sehr ernst und engagiert sich deswegen intensiv bei der Gestaltung und Durchführung dieses Tages.
Früher war es den Arbeiterinnen und Arbeitern noch möglich sich frei zu nehmen, um den Tag wie einen Sonntag zu feiern. Im Zuge der sich immer mehr verändernden Arbeitswelt, geht das leider nicht mehr.
Eine Vorsehung zum 8. Dezember
Am 30. 5. 2001 besuchte ein ehemaliger amerikanischer Major aus dem zweiten Weltkrieg mit seinem Sohn und seinem Enkel den Haftelhof, den er im März 1945 besetzt hatte. Er erzählte, dass er auf dem Marsch nach Schweighofen unter starken Artilleriebeschuss kam so dass er sich wieder zum Haftelhof zurückziehen musste. Auf diesem Rückzug trafen sie eine Panzerkolonne, die den Auftrag hatte Schweighofen in Schutt und Asche zu legen.
Der besagte Major hielt sie an und sagte dass sie das nicht machen könnten, da er seinen Gefechtsstand in Schweighofen eingerichtet hätte, obwohl dies nicht der Wahrheit entsprach.
Frau Vandervest, die langjährige Besitzerin der rechten Haftelhofseite hatte daraufhin dem Major von dem Gelöbnis der Schweighofener, das sie am 8. Dezember 1944 abgelegt haben, erzählt. Darauf hin antwortete der Major: Das war eine Eingebung bei ihm, obwohl er Methodist sei.
Als sie Schweighofen besetzten, richtete er seinen Gefechtsstand in einem Haus gegenüber der Kirche ein, wahrscheinlich in dem Haus von Karl Röhrig, weil dort nach dem Krieg Unmengen von Kabeln gefunden wurden.
Den Panzerkommandanten von damals traf der Major noch einmal bei einem Veteranentreffen in Amerika.